mk_logo Dirk Raulf Orchestra feat. Meret Becker & deep schrott: 60 minuten. flussabwärts

„Es gelingt mir garnicht oder nur mit Mühe, mich als Individuum wahrzunehmen, als eine Person, als ein Ich. Ich sehe mich eher als einen Ort, an dem vorübergehend gewisse Dinge geschehen. Und was ich geschrieben habe, das war sicher Ich zum Zeitpunkt, als ich es schrieb, aber gleich danach ist es nicht mehr Ich. Das ist wie Wasser, das durch ein Sieb fließt.“

(Claude Lèvi-Strauss)

60 MINUTEN. FLUSSABWÄRTS wurde als Auftragswerk der Marienthaler Festspiele am 30. August 2013 uraufgeführt. Es handelt sich um eine genau 60minütige Komposition, die symmetrisch aus 12 fünfminütigen Teilen und gleichzeitig 60 Minuten-Abschnitten besteht, die sich oft unmerklich und fließend, manchmal abrupt ablösen.
Dem Wasser ist das Werk thematisch gewidmet: WASSER ist das verbindende Element der Songs, die wie Treibgut in dem 60minütigen Fluss auftauchen und von Franz Schubert, Tom Waits, Björk, Brian Eno, Randy Newman oder Nick Cave stammen. Teils als Zitat, teils als Neuinterpretation bilden sie den thematischen Rahmen und fügen sich organisch in die 60minütige musikalische Fluss-Reise ein.
Die beiden musikalischen Grundmotive sind das Tempo 60, also ein Sekundentakt, der immer wieder das musikalische Geschehen auf verschiedenste Weise grundiert, sowie ein harmonisches Leitmotiv in Form einer abwärts kreisenden Spirale, das in immer neuen Variationen auftaucht.
Der Computer ist der musikalische Schrittmacher, immer wieder spürbar, oft aber auch unmerklich. Musikalische Themen, Ausbrüche, Lieder, Texte finden innerhalb des Spiels der Spiralen ihren Platz: Freiräume, Gegensätze, Reibungen, Brechungen. Variationen. Umdeutungen des Tempos, der Modi, der Taktarten. Ein fast mathematisch strenges System wird durch menschliches Musizieren an den Rand des Zusammenbruchs gebracht – und umgekehrt.
60 Minuten. 60 Stücke. 60 bpm. Ein Schlag pro Sekunde, wie der Sekundenzeiger einer Uhr.
3600 Sekunden. 3600 Herzschläge. Ruhepuls.
Mit der Zeit gehen. Aus der Zeit fallen. Mit der Zeit spielen. Spiel auf Zeit.
Songs, Grooves, Kompositionen, Improvisationen, Klanglandschaften. Texte und Assoziationen. Wasserbilder. Musik für eine Flussreise, für einen nie gesehenen Film.

 

Dirk Raulf

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Foto: Volker Beushausen

Meret Becker

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Stimme, miscellaneous instr.

Deep Schrott:

Wollie Kaiser – Saxophone, Flöten, Klarinetten
Andreas Kaling – Saxophone
Jan Klare – Saxophone, Flöten, Klarinetten
Dirk Raulf – Saxophone, Bassklarinette, Piano, Toy Piano, Leitung

sowie:

Frank Schulte – Elektronik, Video
Thorsten Drücker – Gitarre
Dirk Peter Kölsch – Schlagzeug

 

logo.nrw

Video:

https://www.youtube.com/watch?v=cWnWYGtSAf4

 

 

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unter dem titel „marienthaler festspiele zu gast auf schloss diersfordt“ wird das im letzten jahr erfolgreich gestartete festival im august sein zelt neben dem ebenfalls nahe bei wesel liegenden schloss diersfordt aufbauen.

inmitten einer intakten naturlandschaft und wunderbar abgeschiedener umgebung aber dennoch zentral liegt die 1432 entstandene schlossanlage diersfordt – mit rustikalem, aber stilvollem ambiente, einer rokoko-kirche auf dem schloss-platz und eigenen wasserflächen. die anlage befindet sich heute im privatbesitz.

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weitere informationen: www.sommerton.de

grandioser schlusspunkt beim marienthaler festival in diersfordt: >> artikel rheinische post

 

matinee2013 «Oh Säculum, oh Jahrhundert, oh Wissenschaft! Es ist eine Lust zu leben!» (Ullrich von Hutten , 1500)

Die Beschreibung und Vermessung der Welt

 

Die diesjährigen Mercator Matinéen beginnen mit einem Vortrag über ein Genie, das vor 500 Jahren „die Renaissance über die Alpen nach Deutschland holte“ (DER SPIEGEL). Albrecht Dürer verstand sich wie Gerhard Mercator als „Weltbildner“. Seine Aquarelle zeigten Stadtansichten erstmals so, dass der Betrachter sie in Einzelheiten wiedererkennen konnte. Einen Steinwurf von Dürers Werkstatt entfernt verkaufte Martin Behaim dem Rat der Stadt den vermeintlich ersten Erdglobus. „Nürnberg leuchtet wahrlich in ganz Deutschland wie eine Sonne – unter Mond und Sternen“ schwärmte Martin Luther und tatsächlich ist in dieser „Metropole“ das neue Streben nach Genauigkeit, nach wissenschaftlicher Erkenntnis exemplarisch zu verfolgen. In Frankreich wiederum wagt es der große Humanist Michel de Montaigne, sich einer Vielzahl von Themen unverstellt zu nähern und auch teilweise alltäglichste Phänomene aus konkreter Erfahrung und ohne scholastische Vorgaben zu beschreiben. Er wird mit seinen Essays zu einem Vorläufer der Aufklärung. Dass diese Epoche der Beschreibung und Vermessung der Welt zugleich der Beginn der Welteroberung, der Unterwerfung von Völkern und der systematischen Ausplünderung ihrer Schätze und Rohstoffe ist – also die negativen Seiten dessen aufzeigt, was wir heute Globalisierung nennen – auch diesen wichtigen Aspekt werden wir beleuchten.

Gerhard Mercator hat die Entdeckung der Gesetze der Planetenbewegung durch Johannes Kepler nicht mehr erlebt. Der spannende und revolutionäre Prozess der Entstehung eines neuen Weltbildes wird uns beschäftigen und wir lassen uns davon berichten, welches Weltbild die heutige Wissenschaft hat, wie sie unseren Planeten in der heimischen Galaxis, der Milchstraße, einordnet. Zwei Vorträge machen deutlich, dass selbst der große Gerhard Mercator als Begründer der modernen Kartographie “auf den Schultern von Riesen” stand: Wir würdigen seinen Lehrer Gemma Frisius, der die Mathematik bei der Vermessung und Navigation in einer neuen Art und Weise anwandte und stellen die bedeutenden Kartographen und Astronomen des arabisch-islamischen Kulturkreises vor, die das Wissen der Spätantike gerettet hatten und führend in der Entwicklung von technisch-wissenschaftlichen Geräten waren.

Wilfried Schaus-Sahm (Idee, Konzept, Programm)

m-matineen_heft_2013 (pdf)

 

mk_logo verein-MF

sitzend von links nach rechts:
sabine metro-beushausen (künstlerbetreuung)
michaela kannenberg (organisation und ticketing)
angelika patt (presse-und öffentlichkeitsarbeit)

stehend von links nach rechts:
volker beushausen (foto und design)
christel sahm (dokumentation)
dr. michael patt (vereinsvorsitzender)
dirk czernik (finanzen)
wilfried schaus-sahm (künstlerische leitung)

 

programm der „marienthaler festspiele“ 2012

2012_marienthaler festspiele_info (pdf)

www.sommerton.de

Code-th

„live at the codebar“ (1,20 x 10,55 m)
das dem pianisten joachim kühn gewidmete, großformatige bild wird am 12. januar 2012 parallel zu einem auftritt des joachim kühn berlin-paris trio (joachim kühn p; sebastien boisseau b; christian lillinger dr) ausgestellt.

12.01.12 düsseldorf ärtztekammer-nordrhein
tersteegenstraße 9, 40474 düsseldorf
codebar

 

MM12verkürzt „Es ist eine neue Zeit. Die alte Zeit ist vorbei. Die Menschheit erwartet etwas. Es ist eine große Lust aufgekommen, die Ursache aller Dinge zu erforschen. Jeden Tag wird etwas gefunden. Die alten Lehren, die tausend Jahre geglaubt wurden, sollen nicht mehr gelten.“ (Bertold Brecht. Das Leben des Galilei)

Eine neue Zeit

 

Das Zitat aus Bertold Brechts Theaterstück „Das Leben des Galilei“ steht als Motto über unserer neuen Veranstaltungsreihe der Mercator – Matinéen. Es beschreibt ein Jahrhundert, das ein neues Bild der Welt und ein neues Bild des Menschen prägte, die Wissenschaft von ihren religiösen Fesseln befreite und für unsere Gegenwart von immenser Bedeutung ist. Im 16. Jahrhundert geriet das von der Kirche gepredigte Weltbild, in dem die Erde als die Mitte des Universums galt, durch die Theorien von Nicolaus Copernicus, Johannes Kepler und Galileo Galilei ins Wanken. Brecht lässt Galileo in seinem Theaterstück den Widerspruch von wissenschaftlicher Forschung und theologischer Deutungshoheit mit einem bissigen Aperçu auf den Punkt bringen: „Die Winkelsumme im Dreieck kann nicht nach den Bedürfnissen der Kirche abgeändert werden.“ Wie zuvor Thomas von Aquin den Aristotelischen Materialismus mit der scholastischen Schöpfungslehre in Einklang zu bringen versuchte, ist auch Gerhard Mercator durchaus noch bemüht, die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse mit der Bibel zu versöhnen. Seine im Prinzip konservative religiöse Haltung wird dabei aber bereits durch seine eigenen Forschungs ergebnisse – so z.B. die Erkenntnis, dass der Magnetpol eine irdische, keine himmlische Angelegenheit ist – relativiert. Auch Mercator ist nicht davor gefeit, der „Lutherey“ bezichtigt zu werden – er wird für kurze Zeit eingekerkert. Dennoch, der unaufhaltsam fortschreitende Prozess der Neu orientierung schuf das geistige Klima einer neuen Epoche, der Renaissance, die sich vom Mittelalter und der Scholastik abwandte und als Leitbild die antike Bildung und das lebensbejahende, schöpferische Individuum in den Vordergrund stellte. In einer lockeren – hoffentlich lehrreichen und unterhaltsamen – Folge von Vorträgen, Lesungen und Konzerten möchten wir einige Aspekte dieses spannenden Jahrhunderts beleuchten, in dem der größte Bürger unserer Stadt sein bedeutendes Werk schuf, das bis heute nicht an Aktualität verloren hat.

Wilfried Schaus-Sahm (Idee, Konzept, Programm)

Matineeprogramm 2012_15.2

 

 

 

joachim_kuehn joachim kühn plays marie galante from kurt weill

auf anregung von wilfried schaus-sahm wird joachim kühn im rahmen des „kurt-weill-festivals 2012“ kompositionen von kurt weill bearbeiten.

joachim kühn, dessen trio-einspielung von weills „dreigroschenoper“ mit daniel humair (dr) und jean-francois jenny clarke (bass) bereits 1996 mit dem „preis der deutschen schallplattenkritik“ ausgezeichnet wurde, hat von prof. michael kaufmann den auftrag erhalten, eine suite zu den chansons aus „marie galante“ zu verfassen.

joachim kühn hat die besetzung seines quintetts für das projekt nunmehr bekannt gegeben.
joachim kühn p; rolf kühn cl; louis sclavis bcl/cl; sebastien boisseau b; ramon lopez dr
uraufführung auf der historischen bühne des bauhauses dessau; t.b.a.

Urauffhrg.Dessau premiere der auftragskomposition für das kurt-weill-festival in dessau 2011 auf der historischen bühne des bauhauses.

neue musik zu dem filmklassiker „die abenteuer des prinzen achmed“ (1926) von lotte reiniger.
ausführende: das renaud garcia-fons sextett
idee und konzept: wilfried schaus-sahm
fotos von der uraufführung in dessau (link auf facebook)

Einladung-Aussellung

 

wilfried schaus-sahm. pensum – neue bilder aus den jahren 2009/2010

22. januar 2011, 16.00 uhr, galerie rheinhausen

schaus-sahm ausstellung (1)

grußwort dr. jan pieter barbian

improvisationen von eckhard koltermann

lesung der gedichte von wilfried schaus-sahm durch wilhelm von hoegen

(siehe video unter menuepunkt gedichte)

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pensum –  wilfried schaus-sahm (einführung durch brüninghaus-knubel)

Rudolf Arnheim hat künstlerische Arbeit so beschrieben: „Die Kunst ist kein Betätigungsfeld für entspannte Leute. Die Reichtümer der Seele müssen durch bewusste und unbewusste Disziplin in eine organisierte Form gebracht werden und dadurch bedarf es einer Anstrengung der Konzentration.“ Das nennt Schaus-Sahm in dieser Ausstellung „Pensum“, sein Tagewerk – und gibt uns mit diesem Wort schon zu bedenken, dass eine gewisse Handwerklichkeit, ein stetiges Tun im Spiel ist. Schaus-Sahm erzählt z.B. auch gern von seinem Namen, der eine altdeutsch-dialektale Form von „Schuster“ sei.

„Kopf und Hand sind verwand“  so heißt ein Bild von Manfred Vogel, der für Schaus-Sahm eine wichtige Bezugsperson wurde, Dialogpartner, Mentor und Unterstützer bei der Malerei – nicht nur in „Traumzeiten“-  und dieser Titel  könnte auch über den Werken von Schaus-Sahm stehen. Auge und Ohr – diese beiden im Kopf angesiedelten Sinnesorgane – sind für ihn eminent wichtig. Seine visuelle Wahrnehmung der Welt – die Augenreize, die Wahrnehmungsreize  – führen zum Aufheben, zum Behalten, zum Auswählen. Zufällig gefundene, gleichsam ent-deckte Materialien, Formen,  Motive werden zu vielfältigen Anlässen und Ausgangspunkten für Bilder, und vielleicht entstehen auch auf diese Art seine Wortbilder, die wir in der Lesung seiner Gedichte soeben erleben durften. Das können Schnipsel aus der Warenwelt wie aus der digitalen Welt sein, Bilder jeglicher Art, Zeichen und Spuren von Eigenem oder Fremdem, Rätselhaftes oder Banales. Immer begleitet und inspiriert von Musik bearbeitet Schaus-Sahm das alles mir seiner Handschrift als Maler:  hier kommt die Hand-Arbeit ins Spiel, im weitesten Sinne,  auch ohne Scheu vor zeitgenössischen technischen Reproduktionsmethoden: sei es, dass er das i-pod nutzt, um spontan Fotografie und digitales Malen zu verbinden, oder seien es die digitalen Prozesse, auf deren Basis Tuschezeichnungen entstanden sind. Das alles muss jedoch einen gewissen Reiz für den Künstler auslösen, damit es aufgegriffen wird – intuitiv – assoziativ, von einem irgendwie persönlichen oder intellektuellen Interesse geleitet oder ganz vom Bildnerisch–Visuellen ausgehend, um dann in einer Art écriture automatique weiter bearbeitet zu werden. Manchmal verschwindet der Ausgangspunkt fast unter dem Weitermalen. Schichten überlagern sich ganz konkret als Farbe oder Collagematerial, und das ist auch  für den Betrachter sichtbar, der auf diese Weise gleichsam an diesem Arbeits-Prozess teilnimmt, indem er ihn in der Betrachtung nachvollzieht.

Charakteristisch sind die Aufteilungen im Bild, in denen Einzelelemente zu neuen Ordnungen und Gewichtungen malerisch zusammen gefasst werden: Abschnitte, Absätze wie bei einem Layout, unterschiedliche Formen- und Texturkomplexe zusammenstellend, nebeneinander, gegeneinander, überlagernd. Scheinbar willkürlich, aber doch von einer inneren visuellen Logik. Wie zufällig und improvisiert auch immer seine Bildfindungen zustande kommen, hier greift das, was Arnheim über die „unbewusste Disziplin“ und die „organisierte Form“ gesagt hat.

Überhaupt: das Ordnen. Wenn die freie gestische Malerei, das Kritzeln, die kalligrafischen Elemente, der offene Ausgang des Mal-Prozesses die eine Seite seiner Kunst ist, dann ist da auf der anderen Seite auch noch die freiwillige Beschränkung auf ganz bestimmte Formate, seien es die schmalen Hochformate oder die Quadrate der CD-Hüllen. Mit denen wird allerdings gespielt und variiert, komponiert und in immer wieder anderen Kombinationen neu formuliert. Dabei entstehen Tableaus – wie z.B. die große, 10 Meter breite Komposition, reduziert auf Schwarz-Weiß, der Schaus-Sahm ausnahmsweise einen Titel gegeben hat: Live at the Code Bar: ein Spiel mit Worten und damit Bedeutungen. Als visuelles Ausgangsmaterial haben ihn Barcodes –Strichcodes- interessiert  und da ihn beim Malen dieser Bilderserie ausschließlich Musik von Joachim Kühn akustisch begleitet hat, wurde das Ganze dann zu einem schöpferischen Event, der sozusagen live in der Code Bar stattfand – so wie Jazzmusiker oft ihre Produktionen nennen, die an bestimmten Orten aufgezeichnet wurden.  Seltsamerweise gibt es in Mackay im australischen Queensland wirklich eine Bar mit dem Namen – vielleicht könnte dies wiederum zu einer Kette von Assoziationen führen, die in der Völklinger Straße in Walsum zu neuem malerischen Weiterspinnen Anlass geben.
Cornelia Brüninghaus-Knubel
Cornelia Brüninghaus-Knubel war bis 2007 mehr als 20 Jahre lang Museumspädagogin im Duisburger Wilhelm Lehmbruck Museum und erhielt für ihre Verdienste die Mercator-Ehrennadel der Stadt Duisburg. Cornelia Brüninghaus-Knubel hat zahlreiche eigene Publikationen verfasst und arbeitet heute konzeptionell für Museen und im Rahmen von Lehraufträgen an Hochschulen.

(siehe auch video unter menuepunkt kunst/live at the codebar)

 

 

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frostiger sonntag

gesprochen von Wolfgang Tischer

heute sind die hochhäuser
verschneite kapellen
die philosophen hocken
hinter den öfen
und entwerfen die frühjahrsgedanken
es fallen keine ameisen
von den stahlskeletten
der rum
kommt in mode
in den kaufhäusern
liegen die weißen mäuse
in folien verschweißt
die butter flieht aus dem kühlhaus
und legt sich kunstvoll
in ecken
teilweise löst der frost
das problem der armen
die reichen ziehen um
unter pariser brücken
auf den autobahnen eröffnen
kanibalische restaurants
einzig
in den warmen orten der welt
versteht man voodoo
wer jetzt
arbeitsloser maurer ist
wird es lange bleiben

 

 

lotte-reiniger-11-1 „die abenteuer des prinzen achmed“

das kurt-weill-festival kündigt nach einer idee von wilfried schaus-sahm die uraufführung einer auftragskomposition von renaud-garcia-fons zu lotte reinigers stummfilmklassiker „die abenteuer des prinzen achmed“ an.
sie wird am 4. und 5. märz 2011 im rahmen des kurt-weill-festivals in dessau stattfinden.

siehe pdf

the art of lotte reiniger

(link auf youtube.com)

cube_logo_3 wilfried schaus-sahm

20 von 60

malerei – grafik – fotografie – collage

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11.bis 26. juli 2009

Eröffnung: 11. Juli, 16:00 Uhr

Begrüßung: Dr. Claudia Schaefer, cubus kunsthalle, duisburg

Musikalisches Intermezzo: Patrick Hagen

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Einführung: Dr. Susanne Höper-Kuhn, Kunsthistorikerin, Düsseldorf

Wilfried Schaus-Sahm, der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Aachen und Freiburg studierte, hat seit 1997 als Begründer und künstlerischer Leiter des Musikfestivals „Traumzeit“ Duisburg als Sommer-Festivalstadt der Musik und Kunst international bekannt gemacht. 2008 legte er sein Amt nieder, konsequent und kompromisslos, weil ihm die politischen Einflüsse zu Lasten der Qualität des künstlerischen Konzepts zu bestimmend wurden.

„Traumzeit“ ist eine Facette des Lebens des suchenden und fragenden Menschen Schaus-Sahm. In Anbetracht des in der cubus kunsthalle bis zum 26. Juli präsentierten Querschnitts aus 20 Jahren seines bildnerischen Schaffens nähern wir uns ihm als Künstlerpersönlichkeit an mit einem Werk, das der Öffentlichkeit kaum bekannt sein dürfte. Eine Entdeckung in der reichen, von musealen Institutionen und traditionellen Künstlerverbänden geprägten Kunstlandschaft der Stadt Duisburg. Da ist jemand, der mit verve seinen eigenen künstlerischen Weg geht, unangetastet vom Schubladendenken kunsthistorischer Kategosierungen. Da ist jemand, der auch als Lyriker arbeitet und in regem Austausch mit weltbekannten Jazzmusikern steht, und da ist jemand, der in dem Duisburger Maler Prof. Manfred Vogel, der im letzten Jahr unerwartet verstarb, nicht nur einen künstlerischen Mentor gefunden hatte, sondern auch einen Freund.

Schaus-Sahm lebt Kunst. Er schöpft aus dem Wissen des philosophischen Seins und fügt dieses in seinen künstlerischen Kosmos als natürliche und spirituelle Ordnung ein. Er befragt die Bildlichkeit und Abbildlichkeit des Sehens und des Gesehenen in einer Art Feldforschungsstudie zur Wahrnehmungsphysiologie und -psychologie und das in einer Welt, die sich von Bildern aus den Medien überschwemmt sieht.

Der Künstler zeigt uns in seinen Gemälden, Collagen und Fotografien solche Teile der Wahrheit, die am nächsten die Wirkung des Ganzen hervorbringen. In der Tat eine Kunst, die uns wie durch Zauber mitten in eine Welt von Zeichen versetzt, eine Ansicht der Dinge, der Hoffnungen und Befürchtungen in dem rechteckigen Ausschnitt eines Bilderrahmens, die uns ad occuli wie in ein gegenwärtig Geschehendes hinein führt. Er ist jedoch kein Grübler, der über dem inneren Zusammenhang von Ereignissen brütete, welche letztlich die Geschichte bilden und trachtet auch nicht danach, diese zu einem Wissen verknüpfen zu wollen, sondern alles ist vielmehr da, in seiner künstlerischen Vergegenwärtigung von urwüchsiger malerischer Kraft.

Die titellosen Arbeiten, die in den frühen Jahren noch in lebensvoller Farbigkeit figurativ daherkamen, werden zunehmend von collagierten, spielerisch experimentellen Abstraktionen abgelöst. Der Künstler scheut nicht die Konsequenzen seines Vorgehens. Seine Gemälde sind vielschichtig: Linienverknüpfungen, Schraffuren, Ablösungen. Das malerische Element überwiegt und fügt sich zu bewegten abstrakten Seelen-Landschaften zusammen, in denen der Betrachter Zeichen, Fragmente von eincollagierten Alltagsmaterialien, offene und geschlossene Formen und Flächen erkennt. Es gibt Linien in diesen „Landschaften“, welche in solchen Beziehungen zueinander stehen, dass sie entweder in ein Gemälde gebracht oder aber bewusst ausgelassen werden. Es leuchtet ein, wie gefährlich diese Methode für einen Künstler sein kann, denn eine solche Auslassung könnte auch subjektive Beliebigkeit bedeuten, lebendigste Individualisierung, die nicht nach dem Dialog sucht, sondern nach hermetischer Introversion. Doch das ist nicht das Interesse von Wilfried Schaus-Sahm. Vielmehr steht sein künstlerisches Finden in seiner Formensprache aus bewusster Reduktion für diesen Dialog als der natürlichsten Art und Weise, seine Bildinhalte dem Betrachter mitzuteilen.

Konsequent geht er den Weg von einer von Farbinseln in Chiffren informeller Struktur- und Texturgebung gebundenen Malerei hin zu einer Ausdrucksform, die zwar an die Zeichenhaftigkeit des Vorherigen anknüpft, durch Auslassungen nun aber umso stärker, konfrontierender aufscheint. Beim Schwarz-weiß-Bild konzentriert sich das Sehen auf das Zeichen, die Linie, die Form, ohne ablenkende Umwege, und setzt es dem Ansturm unserer farbigen Bildwelt entgegen.

Neben die Zeichnung, die Malerei setzt er die Fotografie, augenscheinlichen Bildern aus der Wirklichkeit, die bei ihm gedankliche Assoziationsketten freisetzen als Grunderfahrung des Be-greifens. Er stellt die Frage nach der geistigen Genese, deren Anfang eine allgemeine Orientierung ist, aus der sich universale Begriffe und Zeichen ergeben, die als solche, unabhängig von der Sozialisation des Betrachters, „lesbar“ werden können in einer archetypischen Bilderschrift. Eine Bild-Schrift, die in einer Schwebelage zwischen Abstraktion, nichtnaturalistischer Gegenständlichkeit, teils auch phantastischer ,teils ornamental gebundener Figürlichkeit als ein Spiel mit den Facetten unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit aufscheint.

Dieses Spiel mit Fragmenten der Wirklichkeitswahrnehmung setzt Schaus-Sahms fort, indem er kleinformatige Zeichnungen, die ad hoc und spontan entstehen, Ausschnitte eigener Gemälde, u. ä. in Tableaus anordnet, die aus CD-Hüllen bestehen – wie bei einem Drucker, der die Lettern in seinem Setzkasten anordnet, fügt sich nun wiederum das Einzelne zum Ganzen in einer geordneten Struktur, zu einer „Weltanschauung“.

Ausgehend von der Suche des Künstlers nach einer Verschriftlichung von Wirklichkeit mit den Mitteln der bildenden Kunst erscheint in seinem Gesamtwerk die Fotografie als notwendiges Pendant zur Malerei. Oder, um mit Walter Benjamin zu sprechen: „Nicht der Schrift-, sondern der Fotografie-Unkundige wird der Analphabet der Zukunft sein“. (aus: Kleine Geschichte der Photographie). In einem selektiven Wahrnehmungsverfahren fotografiert Schaus-Sahm Ausschnitte der Wirklichkeit. Direkt und unmittelbar konfrontiert er uns mit dem Augenblick, ohne sich dabei der Montage oder der digitalen Bearbeitung dieser Fotos zu bedienen und führt somit sein künstlerisches Schaffen auf ein Element zurück: auf das Aufleuchten der Wirklichkeit im Augenblick des Sehens als Wahrnehmung der Möglichkeiten unserer Existenz.

Dr. Susanne Höper-Kuhn

http://www.schaus-sahm.de/PDF/Artandevents_’09-7.pdf