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«Oh Säculum, oh Jahrhundert, oh Wissenschaft! Es ist eine Lust zu leben!» (Ullrich von Hutten , 1500)
Die Beschreibung und Vermessung der Welt
Die diesjährigen Mercator Matinéen beginnen mit einem Vortrag über ein Genie, das vor 500 Jahren „die Renaissance über die Alpen nach Deutschland holte“ (DER SPIEGEL). Albrecht Dürer verstand sich wie Gerhard Mercator als „Weltbildner“. Seine Aquarelle zeigten Stadtansichten erstmals so, dass der Betrachter sie in Einzelheiten wiedererkennen konnte. Einen Steinwurf von Dürers Werkstatt entfernt verkaufte Martin Behaim dem Rat der Stadt den vermeintlich ersten Erdglobus. „Nürnberg leuchtet wahrlich in ganz Deutschland wie eine Sonne – unter Mond und Sternen“ schwärmte Martin Luther und tatsächlich ist in dieser „Metropole“ das neue Streben nach Genauigkeit, nach wissenschaftlicher Erkenntnis exemplarisch zu verfolgen. In Frankreich wiederum wagt es der große Humanist Michel de Montaigne, sich einer Vielzahl von Themen unverstellt zu nähern und auch teilweise alltäglichste Phänomene aus konkreter Erfahrung und ohne scholastische Vorgaben zu beschreiben. Er wird mit seinen Essays zu einem Vorläufer der Aufklärung. Dass diese Epoche der Beschreibung und Vermessung der Welt zugleich der Beginn der Welteroberung, der Unterwerfung von Völkern und der systematischen Ausplünderung ihrer Schätze und Rohstoffe ist – also die negativen Seiten dessen aufzeigt, was wir heute Globalisierung nennen – auch diesen wichtigen Aspekt werden wir beleuchten.
Gerhard Mercator hat die Entdeckung der Gesetze der Planetenbewegung durch Johannes Kepler nicht mehr erlebt. Der spannende und revolutionäre Prozess der Entstehung eines neuen Weltbildes wird uns beschäftigen und wir lassen uns davon berichten, welches Weltbild die heutige Wissenschaft hat, wie sie unseren Planeten in der heimischen Galaxis, der Milchstraße, einordnet. Zwei Vorträge machen deutlich, dass selbst der große Gerhard Mercator als Begründer der modernen Kartographie “auf den Schultern von Riesen” stand: Wir würdigen seinen Lehrer Gemma Frisius, der die Mathematik bei der Vermessung und Navigation in einer neuen Art und Weise anwandte und stellen die bedeutenden Kartographen und Astronomen des arabisch-islamischen Kulturkreises vor, die das Wissen der Spätantike gerettet hatten und führend in der Entwicklung von technisch-wissenschaftlichen Geräten waren.
Wilfried Schaus-Sahm (Idee, Konzept, Programm)
m-matineen_heft_2013 (pdf) |