Sommerton-Logo Das Programm des Sommerton Festivals 2015 wurde am 17. März 2015 vorgestellt

Künstlerischer Leiter: Wilfried Schaus-Sahm

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Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.“ (Albert Einstein)

Das Wissen und der Glaube

 

1,26 Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land.

1,27 Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.

Man kann davon ausgehen, dass Gerhard Mercator keine Zweifel an der biblischen Schöpfungsgeschichte hegte. Als tiefgläubiger Mensch plante er – ausgehend von der Schöpfungsgeschichte – eine Beschreibung des Kosmos (*), wobei er dem griechischen Begriff gemäß alles Geschaffene als Einheit von Ordnung und Schönheit auffasste. Ein Unterfangen, das noch Alexander von Humboldt in seinem Lebenswerk in Angriff nehmen wollte. Wer sich heute mit Gerhard Mercator und seinem Zeitalter beschäftigt, kommt nicht umhin, sich auch „letzte“ Fragen zu stellen, die in der Philosophie ontologisch genannt werden, also auch die Frage, ob dem Kosmos etwas zugrunde liegt, das Stephen Hawking als „den großen Entwurf“ umschreibt oder „Der Spiegel“ „das unsterbliche Gerücht“ nennt. Als Mercator den Magnetpol vom Himmel auf die Erde verlegte, geriet seine wissenschaftliche Erkenntnis in Widerspruch zu den Dogmen der Kirche. Er wurde von Inquisitoren der „luttherey“ bezichtigt und kurzzeitig inhaftiert. Mercators Leben und Wirken ist ein Beispiel für das Dilemma von Forschungsdrang und Bibelglaube, das den Aufbruch zur Moderne kennzeichnet, in einem erodierenden Prozess zum Verlust der kirchlichen Deutungshoheit führte und in der Aufklärung schließlich im Kantschen Postulat „sapere aude!“ – „wage zu denken!“ gipfelte. Es war dann dem studierten Theologen Charles Darwin vorbehalten, eine zweite Revolution des christlichen Weltbildes in Gang zu setzten, als er darauf, beharrte, seine Theorie der Entwicklung der Arten nicht theologisch, sondern naturwissenschaftlich zu begründen. Mehr als 500 Jahre nach Mercator ist die Freiheit des Denkens und die Freiheit der Wissenschaft weltweit keine Selbstverständlichkeit und wird durch religiösen Fanatismus und religiös motivierte Gewalt bedroht.

Auch in unserer säkularisierten Gesellschaft, in der die früheren engen Bindungen an die Religion gelöst und das gesellschaftliche Leben zunehmend auf Basis menschlicher Vernunft begründet wurde, gilt es, die Errungenschaften des Humanismus und der Aufklärung ständig vor Gefährdung zu schützen.

Im Spannungsverhältnis von Wissen und Glauben kann man vermuten, dass der Kosmologe Gerhard Mercator dem Kosmologen Albert Einstein zugestimmt hätte: „Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Wissenschaft ist blind.“

Wilfried Schaus-Sahm (Konzept und Programm) (Mercator Gesellschaft Duisburg)

M-Matineen-Heft 2015

 

 

idol „das besondere stück“ – kleinode aus der sammlung köhler-osbahr

unter diesem motto stellt wilfried schaus-sahm herausragende einzelstücke der münz- und antikensammlung köhler-osbahr vor, die in der ‚aktuellen vitrine‘ im kultur- und stadthistorischen museum zu sehen sind.ist das moderne kunst? man könnte es vermuten, doch die nur knapp 11 cm große figur wurde bereits 1200 – 1000 v.chr. in bronze gegossen.

derartige kleinplastiken aus der vor- und frühgeschichte werden als idole bezeichnet, weil man davon ausgehen kann, dass sie eine kultische bedeutung hatten.

sie könnten objekte eines zeremoniellen tauschhandels gewesen sein oder eine rolle in begräbnisriten gespielt haben. der große aufwand zu ihrer herstellung, die wahl des edlen materials und nicht zuletzt ihr ästhetischer wert deuten darauf hin, dass sie ein kostbarer persönlicher besitz waren und vereinzelt ihrem besitzer ins grab beigegeben wurden. mit dem aufkommen der abstrakten kunst im 20. jahrhundert wurden die idole wieder entdeckt. bedeutende künstler der moderne griffen die prähistorische bildsprache auf. hans arp zum beispiel oder auch constantin brancusi orientierten sich bei ihren plastiken an den wiederentdeckten vorbildern.

das in der aktuellen vitrine der köhler-osbar-sammlung ausgestellte männliche idol läuft von der körpermitte nach unten – wie ein nagel – spitz zu und stammt aus nord-ost-anatolischem gebiet. mit seinem vogelartig modellierten kopf und den ausgebreiteten armen verblüfft es den betrachter tatsächlich durch seine scheinbar abstrakt-moderne gestaltung.

die sammlung der köhler-osbar-stiftung befindet sich im kultur-und stadthistorischen museum, corputius-platz 1 und ist dienstags bis donnerstags von 10 – 17 uhr, freitags von 10-14 uhr, samstags von 10-17 uhr und sonntags von 10-18 uhr geöffnet.

 

matinee2014 «Ich möchte Weltenbürger sein, überall zu hause und überall unterwegs.»
(Erasmus von Rotterdam, 1465 – 1536)

Mercator war ein Stubenhocker

Von Blaise Pascal stammt die Vermutung, dass alles Unheil in der Welt letztlich daher rührt, dass der Mensch nicht zu Hause bleiben und still sein kann. Nun scheint es aber in unserer Natur zu liegen, keine Grenzen, auch keine geographischen, akzeptieren zu können. Bei der dritten Staffel der Mercator Matinéen haben wir deshalb dem Thema Reisen und Entdecken – im weit gefassten Sinne – einen Schwerpunkt gewidmet. Zu Beginn der Neuzeit hatte sich die Mobilität der menschlichen Spezies in dramatischer Weise entwickelt. Der Bau hochseetauglicher Schiffe vom Karavellen-Typus, aus der arabischen Welt stammende Kenntnisse über die astronomische Nautik, die Instrumentenverbesserung der Astrolabien und Quadranten machten monatelange Seefahrtsexpeditionen möglich. Gerhard Mercators geniale Idee der Kartenprojektion bot endlich bislang ungeahnte Sicherheit bei der Navigation und seine wegweisenden Ideen befinden sich heute in jedem GPS-Gerät. Obwohl selbst ein Stubenhocker, hat Mercator das Reisen enorm erleichtert. Seine kartographische Arbeit gründete nicht zuletzt wiederum auf Reise- und Expeditionsberichten. Die Beschwernisse solcher Unternehmungen – ob zu Land oder zur See sind aus heutiger Sicht kaum noch nachvollziehbar. Es heißt, dass Mercator solche Beschwernisse auch ungern auf sich nahm. Die Erfindung des Automobils, erst recht die Erfindung des Flugzeugs, der Bau ozeantauglicher Kreuzfahrtschiffe, die schwimmenden Städten gleichen, haben eine Industrie entstehen lassen, deren Auswirkungen auf unser Wirtschaftssystem und unsere ökologischen Lebensbedingungen immer dramatischer zutage treten. In diesem Zeitalter der billigen Verkehrsmittel kann jeder vom Sofa per Computer für den nächsten Tag einen Flug nach Mallorca buchen, der weniger kostet, als eine Taxifahrt vom Duisburger Süden zum Duisburger Norden. Die Folgen für die Atmosphäre verdrängen wir dabei gerne – ein Phänomen, das die Wissenschaft „Causale Distanz“ nennt. Wir lassen uns in unseren Fahrzeugen von einer freundlichen Computerstimme zur „Destination“ leiten und sind unterwegs in Welten, von denen Mercator oder Kepler nur träumen konnten. Die Reise ins Weltall ist keine Utopie mehr und der Weltraumtourismus lediglich noch eine Frage der Zeit. Nur der größte Lebensraum der Erde – tausende Meter tief im Ozean –ist bis heute nicht kartographiert und uns größtenteils unbekannt. Es waren mehr Astronauten im Weltall als Menschen in der Dämmerwelt der Tiefsee. Ich wünsche uns allen unterhaltsame und erkenntnisreiche Mercator Matinéen 2014. Eine von Marcel Proust einst formulierte Erkenntnis könnte dazu gehören: „Die wahren Entdeckungen bestehen nicht darin, neue Landschaften aufzusuchen, sondern neue Augen zu haben.“Landschaften aufzusuchen, sondern neue Augen zu haben.“

 

 

PDF des Programmheftes:
> pdf – programm der mercator matinéen 2014 

 

Sommerton-Logo Aus den Marienthaler Festspielen wird das sommerton-festival auf Schloss Diersfordt
Das Programm wurde am 20. März 2014 vorgestellt
Künstlerischer Leiter: Wilfried Schaus-Sahm
sommerton14

 

annette zur wiederveröffentlichung des albums „i am the one“ von annette peacock

artikel von wilfried schaus-sahm in der zeitschrift „jazzthetik – magazin für jazz und anderes“ (03 / 04 2011)

die einzig wahre (pdf)

 

mk_logo Dirk Raulf Orchestra feat. Meret Becker & deep schrott: 60 minuten. flussabwärts

„Es gelingt mir garnicht oder nur mit Mühe, mich als Individuum wahrzunehmen, als eine Person, als ein Ich. Ich sehe mich eher als einen Ort, an dem vorübergehend gewisse Dinge geschehen. Und was ich geschrieben habe, das war sicher Ich zum Zeitpunkt, als ich es schrieb, aber gleich danach ist es nicht mehr Ich. Das ist wie Wasser, das durch ein Sieb fließt.“

(Claude Lèvi-Strauss)

60 MINUTEN. FLUSSABWÄRTS wurde als Auftragswerk der Marienthaler Festspiele am 30. August 2013 uraufgeführt. Es handelt sich um eine genau 60minütige Komposition, die symmetrisch aus 12 fünfminütigen Teilen und gleichzeitig 60 Minuten-Abschnitten besteht, die sich oft unmerklich und fließend, manchmal abrupt ablösen.
Dem Wasser ist das Werk thematisch gewidmet: WASSER ist das verbindende Element der Songs, die wie Treibgut in dem 60minütigen Fluss auftauchen und von Franz Schubert, Tom Waits, Björk, Brian Eno, Randy Newman oder Nick Cave stammen. Teils als Zitat, teils als Neuinterpretation bilden sie den thematischen Rahmen und fügen sich organisch in die 60minütige musikalische Fluss-Reise ein.
Die beiden musikalischen Grundmotive sind das Tempo 60, also ein Sekundentakt, der immer wieder das musikalische Geschehen auf verschiedenste Weise grundiert, sowie ein harmonisches Leitmotiv in Form einer abwärts kreisenden Spirale, das in immer neuen Variationen auftaucht.
Der Computer ist der musikalische Schrittmacher, immer wieder spürbar, oft aber auch unmerklich. Musikalische Themen, Ausbrüche, Lieder, Texte finden innerhalb des Spiels der Spiralen ihren Platz: Freiräume, Gegensätze, Reibungen, Brechungen. Variationen. Umdeutungen des Tempos, der Modi, der Taktarten. Ein fast mathematisch strenges System wird durch menschliches Musizieren an den Rand des Zusammenbruchs gebracht – und umgekehrt.
60 Minuten. 60 Stücke. 60 bpm. Ein Schlag pro Sekunde, wie der Sekundenzeiger einer Uhr.
3600 Sekunden. 3600 Herzschläge. Ruhepuls.
Mit der Zeit gehen. Aus der Zeit fallen. Mit der Zeit spielen. Spiel auf Zeit.
Songs, Grooves, Kompositionen, Improvisationen, Klanglandschaften. Texte und Assoziationen. Wasserbilder. Musik für eine Flussreise, für einen nie gesehenen Film.

 

Dirk Raulf

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Foto: Volker Beushausen

Meret Becker

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Stimme, miscellaneous instr.

Deep Schrott:

Wollie Kaiser – Saxophone, Flöten, Klarinetten
Andreas Kaling – Saxophone
Jan Klare – Saxophone, Flöten, Klarinetten
Dirk Raulf – Saxophone, Bassklarinette, Piano, Toy Piano, Leitung

sowie:

Frank Schulte – Elektronik, Video
Thorsten Drücker – Gitarre
Dirk Peter Kölsch – Schlagzeug

 

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Video:

https://www.youtube.com/watch?v=cWnWYGtSAf4

 

 

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unter dem titel „marienthaler festspiele zu gast auf schloss diersfordt“ wird das im letzten jahr erfolgreich gestartete festival im august sein zelt neben dem ebenfalls nahe bei wesel liegenden schloss diersfordt aufbauen.

inmitten einer intakten naturlandschaft und wunderbar abgeschiedener umgebung aber dennoch zentral liegt die 1432 entstandene schlossanlage diersfordt – mit rustikalem, aber stilvollem ambiente, einer rokoko-kirche auf dem schloss-platz und eigenen wasserflächen. die anlage befindet sich heute im privatbesitz.

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weitere informationen: www.sommerton.de

grandioser schlusspunkt beim marienthaler festival in diersfordt: >> artikel rheinische post

 

matinee2013 «Oh Säculum, oh Jahrhundert, oh Wissenschaft! Es ist eine Lust zu leben!» (Ullrich von Hutten , 1500)

Die Beschreibung und Vermessung der Welt

 

Die diesjährigen Mercator Matinéen beginnen mit einem Vortrag über ein Genie, das vor 500 Jahren „die Renaissance über die Alpen nach Deutschland holte“ (DER SPIEGEL). Albrecht Dürer verstand sich wie Gerhard Mercator als „Weltbildner“. Seine Aquarelle zeigten Stadtansichten erstmals so, dass der Betrachter sie in Einzelheiten wiedererkennen konnte. Einen Steinwurf von Dürers Werkstatt entfernt verkaufte Martin Behaim dem Rat der Stadt den vermeintlich ersten Erdglobus. „Nürnberg leuchtet wahrlich in ganz Deutschland wie eine Sonne – unter Mond und Sternen“ schwärmte Martin Luther und tatsächlich ist in dieser „Metropole“ das neue Streben nach Genauigkeit, nach wissenschaftlicher Erkenntnis exemplarisch zu verfolgen. In Frankreich wiederum wagt es der große Humanist Michel de Montaigne, sich einer Vielzahl von Themen unverstellt zu nähern und auch teilweise alltäglichste Phänomene aus konkreter Erfahrung und ohne scholastische Vorgaben zu beschreiben. Er wird mit seinen Essays zu einem Vorläufer der Aufklärung. Dass diese Epoche der Beschreibung und Vermessung der Welt zugleich der Beginn der Welteroberung, der Unterwerfung von Völkern und der systematischen Ausplünderung ihrer Schätze und Rohstoffe ist – also die negativen Seiten dessen aufzeigt, was wir heute Globalisierung nennen – auch diesen wichtigen Aspekt werden wir beleuchten.

Gerhard Mercator hat die Entdeckung der Gesetze der Planetenbewegung durch Johannes Kepler nicht mehr erlebt. Der spannende und revolutionäre Prozess der Entstehung eines neuen Weltbildes wird uns beschäftigen und wir lassen uns davon berichten, welches Weltbild die heutige Wissenschaft hat, wie sie unseren Planeten in der heimischen Galaxis, der Milchstraße, einordnet. Zwei Vorträge machen deutlich, dass selbst der große Gerhard Mercator als Begründer der modernen Kartographie “auf den Schultern von Riesen” stand: Wir würdigen seinen Lehrer Gemma Frisius, der die Mathematik bei der Vermessung und Navigation in einer neuen Art und Weise anwandte und stellen die bedeutenden Kartographen und Astronomen des arabisch-islamischen Kulturkreises vor, die das Wissen der Spätantike gerettet hatten und führend in der Entwicklung von technisch-wissenschaftlichen Geräten waren.

Wilfried Schaus-Sahm (Idee, Konzept, Programm)

m-matineen_heft_2013 (pdf)

 

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sitzend von links nach rechts:
sabine metro-beushausen (künstlerbetreuung)
michaela kannenberg (organisation und ticketing)
angelika patt (presse-und öffentlichkeitsarbeit)

stehend von links nach rechts:
volker beushausen (foto und design)
christel sahm (dokumentation)
dr. michael patt (vereinsvorsitzender)
dirk czernik (finanzen)
wilfried schaus-sahm (künstlerische leitung)

 

programm der „marienthaler festspiele“ 2012

2012_marienthaler festspiele_info (pdf)

www.sommerton.de