mercator matinéen 2018

  „Man schaffe Schiffe und Segel, die sich für die Himmelsluft eignen. Dann wird es auch Menschen geben, die vor der öden Weite des Raumes nicht zurückschrecken werden. (Johannes Kepler 1610 als Kaiserlicher Mathematiker am Hofe Rudolf des II in Prag in seiner Dissertatio Cum Nuncio Sidereo an Galileo Galilei)

Der Blick in den Himmel

Zu den kostbarsten Exponaten in der Mercator-Schatzkammer des Kultur-und Stadthistorischen Museums gehört neben dem Erdglobus von 1541 der Himmelsglobus von 1551. Der belgische Historiker Marcel Watelet hat 1994 die Sternzeichen aufgelistet, die Mercator auf dem Himmelsglobus eingezeichnet hat. Man sieht Konstellationen von Figuren, die seit Zeiten des großen Geographen und Astronomen Claudius Ptolemäus ein System genauerer Verortung astronomischer Objekte bilden. Zugleich ist damit ein historischer Schatz an Mythen und Geschichten verbunden. Beim Blick in den Himmel schien der Mond – einziger natürlicher Satellit der Erde – immer schon nah genug, um sein Betreten zu erträumen, aber gleichzeitig fern und mystisch entrückt. Durch die Jahrhunderte hinweg haben sich Wissenschaftler, Musiker, Dichter, Maler, Filmregisseure mit ihm beschäftigt, und seit der Antike gab es Überlegungen, ob und wie man dort hingelangen könnte. Dabei wurden abenteuerliche, teils sehr poetische Transportmittel erdacht. Gürtel mit in Flaschen gesammeltem Tau, der tagsüber von der Sonne angezogen wird, sollten den Astronauten zum Mond befördern. Geflügelte Pferde, ein Wagen mit Gänseantrieb und einiges mehr wurden in Erwägung gezogen. Das wohl größte Genie der deutschen Wissenschaftsgeschichte, Mercators Zeitgenosse Johannes Kepler, hatte dann aber schon die Ahnung, dass wohl eine gewaltige Explosion nötig sein würde, um Menschen in das Weltall zu schießen. Meine Generation wurde am 21. Juli 1969 Zeuge, wie Neil Armstrong als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond setzte. Der uralte Menschheitstraum war Wirklichkeit geworden. Die astronomische Erkundung des Universums war und ist seit jeher verknüpft mit einer Phantasie über außerirdisches Leben im All. Spekulationen, ob für Menschen auf einem anderen Planeten ein Leben möglich ist, konzentrieren sich seit langem auf den Mars. Seit sich im 17. Jahrhundert die ersten Fernrohre auf ihn richteten, gehört er zu den bestuntersuchten Himmelskörpern überhaupt. Auch die Pläne zur Besiedlung des Mondes werden immer konkreter. Experten der „Europäische Raumfahrtagentur ESA“ entwerfen bereits Zukunftsszenarien. Bis 2030 könnte die erste 3-D gedruckte Siedlung auf dem Erdtrabanten entstehen, die bis 2050 zu einem 1000-Einwohner-Dorf heranwächst. Der britische Astrophysiker Stephen Hawking plädiert schon seit langem angesichts der vom Menschen zu verantwortenden, rasant fortschreitenden Zerstörung unseres „Heimatplaneten“ und der Ausbeutung seiner Ressourcen dafür, sich für unsere Species einen anderen Ort im All zu suchen.

Ganz anders sah das der polnische Philosoph, Essayist und Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem. Er lässt in seinem mehrfach verfilmten Roman „Solaris“ Astronauten zu einem fremden Stern reisen. Sie finden auch dort nur sich selbst und sehen sich konfrontiert mit der Frage, ob wir statt anderer Welten nicht eher Spiegel brauchen.

Wilfried Schaus-Sahm (Konzept/Programm), Mitglied des Beirats der Mercator-Gesellschaft Duisburg

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