mercator matinéen 2019

„Wo bitte geht’s nach China?“

„Die Geographie vertritt das Reisen und erweitert den Gesichtskreis nicht wenig. Sie macht uns zu Weltbürgern und verbindet uns mit den entferntesten Nationen. Ohne sie sind wir nur auf die Stadt, die Provinz, das Reich eingeschränkt, in dem wir leben. Ohne sie bleibt man, was man auch gelernt haben mag, beschränkt, begrenzt, beengt. Nichts bildet und kultiviert den gesunden Verstand mehr als Geographie.“ (Immanuel Kant)

Schon immer haben Menschen versucht, markante geografische Gegebenheiten zeichnerisch festzuhalten. Die ersten „Karten“ wurden in Tontafeln oder Tierknochen geritzt, erst in der griechischen Antike wird die Geographie und mit ihr auch die Kartographie, dann zu einer Wissenschaft. Ca. 150 n. Chr. verfasst der „Vater“ aller Geographen und Kartographen, Claudius Ptolemäus, in acht Bänden ihr Grundlagenwerk.„Chártes“ war bei den antiken Griechen das aus dem Blatt der Papyrusstaude hergestellte Papier. Die Notwendigkeit von Karten lag auf der Hand, denn die Routen der griechischen Seefahrer mussten festgehalten werden, damit die entdeckten Orte auch wiedergefunden werden konnten. Nach einem Bonmot des Philosophen Peter Sloterdijk hat Platon schon deshalb soviel Wert auf „absolute Wahrheiten“ in Mathematik und Geometrie gelegt, um dem täglich in Athen neu eintrudelnden Seemannsgarn etwas entgegenzusetzen.Zwei Jahrtausende später sind durch die Digitalisierung viele Papierkarten – wie auch „Tageszeitungen“- beinahe zu einem Anachronismus geworden. Solange sie funktionieren und genügend Strom haben, geben GPS-Geräte unsere exakte Position an, und wenn wir uns trotzdem verlaufen, verfahren, versegeln oder verfliegen, werden wir beruhigt: „Ihre Route wird neu berechnet!…“ . Hinter dem Display eines Smartphones oder Navigationsgerätes „verstecken“ sich aber nach wie vor Bestandteile einer genialen Erfindung von Gerhard Mercator, dem „Ptolemäus der Neuzeit“. Grund genug, das 450-jährige Jubiläum seiner revolutionären Kartenprojektion, die er erstmals 1569 auf seiner Weltkarte einsetzte, mit einer Podiumsdiskussion bei den Mercator Matinéen zu würdigen.„Als die Welt noch groß war, weit und unerforscht, wurde ihr Gewicht in Erfahrungen gewogen“, lautet der erste Satz der Biografie von Jürgen Goldstein über Georg Forster. Mit Forster und Friedrich Sellow widmen wir uns zwei immer noch unterbewerteten deutschen Entdeckern und mit dem Venezianer Marco Polo dem berühmtesten Reisenden des Mittelalters.Aber auch in unseren Tagen machen sich Abenteurer auf den Weg. Sie erkunden unbekannte, magische Orte oder hoffen, bei indigenen Völkern vermeintlich ursprüngliche Erfahrungen zu machen. Zwei von ihnen werden uns berichten, ob sie gefunden haben, was sie suchten.Die diesjährigen Mercator-Matinéen sind auch eine Ergänzung zur aktuellen Ausstellung „Sagenumwoben! Goldstädte, Paradiesorte und ferne Welten.“ im Kultur-und Stadthistorischen Museum. (16. Juni 2019 – 26. Januar 2020)

Wilfried Schaus-Sahm
(Konzept/Programm)
Mitglied des Beirats der Mercator-Gesellschaft Duisburg

Das PDF des Programmheftes zum Download:

M-Matineen_Heft_2019_17.1